Krebs und Thromboembolien - Breaking bad ….. and good
Prof. Dr. A. Matzdorff, Asklepios Klinikum Uckermark, Medizinische Klinik II
Eine 80jährige Patientin mit inoperablem Pankreaskarzinom beginnt eine palliative Chemotherapie und entwickelt nach fünf Zyklen eine Mehretagen-Thrombose. Anhand dieses Fallbeispiels werden verschiedene Szenarien diskutiert:
Hätte die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt vor der Therapie ein Risk-Assessment mit einem validierten Score durchführen müssen? Welche Relevanz haben Scores und die Empfehlungen der aktuellen Leitlinien im klinischen und Praxisalltag? Muss man aufgrund der Studienlage beim Pankreaskarzinom die Thromboseprophylaxe mit einer erhöhten Prophylaxe-Dosis anbieten oder reicht die Standard-Dosis? Soll man, nachdem es zu einer Thrombose gekommen ist, bei diesem gastrointestinalen Tumor besser ein Niedermolekulares Heparin (NMH) geben oder kann man auch ein direktes orales Antikoagulanz (DOAK) verordnen?
Das medizinische Wissen in der Hämatologie, Onkologie und Hämostaseologie wächst rapide. Es ist für den einzelnen Arzt/die einzelne Ärztin schlechterdings nicht mehr möglich, in allen Facetten ihres/seines Faches "up to date“ zu bleiben. Hier stellt sich die Frage, ob künstliche Intelligenz-Systeme (AI, Artificial Intelligence) die Ärztin/den Arzt unterstützen können, nicht nur wie bereits heute bei der Terminvergabe, sondern zukünftig auch beim Einlesen und Auswerten von Befunden, bei der Planung von Diagnostik und Therapie, bei der Erstellung von Rezepten u.v.m. Gleichzeitig besteht dann aber auch das Risiko, dass sich die Ärztin/der Arzt in seiner Entscheidungsfreiheit überwacht und eingeschränkt fühlt. Wenn das AI-System eine bestimmte Diagnostik und Therapie empfiehlt und wenn der Arzt dem nicht folgt, welche Konsequenzen kann das haben? Mit welcher Datenbasis soll die AI trainieren und wer bestimmt die Ziel-Parameter – die Ärztinnen und Ärzte, die Patient*innen, die Kostenträger oder die Leistungserbringer? Der Patient wird sich die Frage stellen, ob die Empfehlungen der AI seinem persönlichen Wohlergehen dienen oder dem Nutzen der Gemeinschaft.
Pfortaderthrombose: Was ist zu tun?
Frank Tacke, Charité - Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik m. S. Hepatologie und Gastroenterologie, Campus Virchow-Klinikum (CVK) und Campus Charité Mitte (CCM), Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin
Die Pfortaderthrombose gehört zu den venösen Thrombosen im Splanchnikusgebiet und tritt vor allem bei Leberzirrhose und/oder Tumorerkrankungen wie dem hepatozellulären Karzinom (z.B. mit Tumoreinbruch in die Pfortader) auf. Die nicht-zirrhotische Pfortaderthrombose hat hingegen spezifische Risikofaktoren, z.B. myeloproliferative Neoplasien, Thrombophilie oder lokale Faktoren (Tumore, Pankreatitis, Schwangerschaft). Die Pfortaderthrombose führt zur portalen Hypertension, wodurch typische Zirrhose-bedingte Komplikationen (z.B. Aszites, Enzephalopathie, Varizenblutung) begünstigt werden. Die Pfortaderthrombose kann akut-symptomatisch oder auch chronisch-schleichend (gerade bei Zirrhose) verlaufen. Die Diagnostik erfolgt über Bildgebung wie z.B. Doppler-Sonographie und/oder CT-Abdomen mit portalvenöser Kontrastmittelphase. Die Behandlung von Pfortaderthrombosen beinhaltet – sofern klinisch vertretbar – eine Antikoagulation, um das Fortschreiten des Thrombus zu verhindern, die Gefäßrekanalisierung zu fördern und wiederkehrende venöse Thromboembolien zu verhindern. Direkte orale Antikoagulanzien (DOAKs) wurden in die jüngsten Leitlinien als Alternativen zu Vitamin-K-Antagonisten aufgenommen; bei Patient:innen mit (fortgeschrittenen) Leber- oder Nierenfunktionsstörungen muss jedoch die Dosis angepasst werden bzw. DOAKs sind bei dieser Klientel (teilweise) kontraindiziert. Die Behandlungsdauer der Antikoagulation richtet sich nach dem Vorhandensein von Risikofaktoren und nach der Gesamtsituation (z.B. individuelles Blutungsrisiko, Lebenserwartung). Daneben sollten auch Thrombektomie und/oder transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt (TIPS, sofern technisch bei Pfortaderthrombose möglich) als interventionelle Verfahren erwogen werden. Bei fortgeschrittenen Lebererkrankungen (Zirrhose, Karzinom) mit Pfortaderthrombose ist die Lebertransplantation das lebensrettende Verfahren.